HCM - Hypertroph Kardiomyopathie bedeutet übersetzt Herzmuskelerkrankung
Die Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist eine Erkrankung,
welche durch eine Verdickung des Herzmuskels gekennzeichnet
ist. Die Verdickung kann die gesamten Herzmuskeln, aber auch nur
Teilabschnitte umfassen.
Die Muskulatur des Herzens wächst praktisch in den
Kammerinnenraum, so dass sich das Lumen im Verhältnis zur
Wandstärke erheblich verkleinert.
Das Herz kann sich jetzt nicht mehr ausreichend mit Blut
füllen, worauf es zu einem Rückstau in die linke Vorkammer
und anschließend in den Lungenkreislauf kommt. Die Bildung
von Lungenödemen (Flüssigkeit in der Lunge) oder
Pleuralergüssen (Flüssigkeit in der Brusthöhle) ist die
Folge.
Nun tauchte vor einigen Jahren ein Gentest auf, der versprach,
Mutationen dieser Erkrankung, in der DNA von Ragdoll und Main Coon
Katzen aufzuspüren.
Inzwischen sind sich die Genetiker einig!
Der so hoch gepriesene HCM Gentest für diese beiden Rassen ist nicht aussagekräftig!!
Hierbei muss erwähnt werden, das er für alle anderen Rassen noch
nie in Frage kam!!!
In Feldstudien wurden Main Coon, sowie Ragdoll Katzen
Gen-getestet und einer Schall-Untersuchung unterzogen. In beiden Rassen
fanden sich unter den Gen-negativ getesteten Katzen im Ultraschall HCM
positive Tiere, wie auch bei den Gen-positiven Katzen im
Ultraschall HCM unauffällige Tiere.
So ist nach wie vor das Echokardiogram, die einzige Möglichkeit zur sicheren Diagnostik.
Dr. Kresken weist nochmals ausdrücklich darauf
hin, das Zuchtkatzen aus juristischen Gründen (§11 b TSchG)
vor dem ersten Deckeinsatz einer Ultraschall-Untersuchung unterzogen
werden sollten.
Folgeuntersuchungen alle eineinhalb bis zwei Jahre sollten sich anschließen.
Für weitere Infos und die genauen Zahlen der
wissenschaftlichen Studien finden Sie hier einen sehr interessanten
Artikel von Dr. Jan-Gerd Kresken.
Mit Genehmigung von Dr. Kresken, darf ich seinen Artikel hier veröffentlichen.
Katzenherzen:
von Dr. Jan-Gerd Kresken
Die hypertrophe Kardiomyopathie (HKM,HCM) ist die häufigste Herzerkrankung der Katze.
Sie ist eine erworbene Herzerkrankung, die aber genetisch bedingt ist.
Dr. Jan-Gerd Kresken berichtet über den aktuellen Stand zur
Diagnostik der HCM der Katze und geht der Frage nach, was vier Jahre
Gentest gebracht haben.
Die HCM tritt meistens erst auf, wenn sich die Katzen bereits im
Zuchteinsatz befinden. In der veterinärmedizinischen Kardiologie
gibt es verschiedene Möglichkeiten, die HCM bei der Katze zu
diagnostizieren. Neben den klassischen Verfahren wie Auskultation,
Röntgen, EKG
hat sich die Echokardiografie mit ihren verschiedenen technischen Möglichkeiten,
angefangen von hochauflösenden zwei-dimensionalen Bildern des
Herzmuskels über Dopplerverfahren bis hin zu Gewebedoppler und
Strain-Analysen als Gold- standard etabliert.
Genetische Untersuchung:
Diese klassischen Verfahren zur Diagnostik der HCM wurden Anfang 2006
um die genetische Analyse erweitert. Ausgang der Forschung nach dem
ursächlichen Gen der HCM war die Arbeit von Dr. Kittleson, der
1999 eine autosomal dominante Vererbung der HCM bei der Maine Coon mit
100%iger Penetranz postulierte. Die amerikanischen Kardiologen Dr.
Meurs
und Dr. Kittleson fanden im Jahr 2005 die sog. A31P-Mutation (Gen I) im
MYBPC3-Gen in ihrer amerikanischen Maine Coon- Population. Im Jahr 2007
fanden Nyberg und Kollegen eine weitere Punktmutation A74T (Gen II,
Koch- Gen) im Kodon 74 des kardialen MYBPC3- Gens. Ebenfalls 2007 fand
Dr. Meurs bei Ragdoll-Katzen mittels DNA-Sequenzierung eine
Punktmutation im Kodon 820 des kardialen MYBPC3. Es handelte sich um
eine kleine Gruppe von 21 Ragdoll mit der phänotypischen Diagnose
HCM.
Fakten zum Stand der Dinge in der genetischen Untersuchung auf HCM bei der
Katze Erbgang - Autosomal dominanter Erbgang nachgewiesen oder
vermutet:
• Maine Coon
• American Short Hair
• British Shothair
- Rassedispositionen bestehen bei:
• Maine Coon
• American und British Shorthair
• Norwegische und Sibirische Waldkatze
• Perser
• Ragdolls
• Burmesen
• Türkish Van
• Scottish Fold
• Sphynx
Genmutationen - Bei der Katze wurden auf einem Gen (kardiales MYBPC3) nur drei Mutationen beschrieben:
• A31P
• A74T
• R820W
Häufigkeit der Genmutationen in verschiedenen Ländern
Die Studien von Dr. Kathryn Meurs, Washington State University, zeigen,
dass 33,6 % der Maine Coon-Population in den USA Träger einer
A31P-Mutation sind. In einer Studie unserer Arbeitsgruppe Kardiologie
in der DKG-DVG von 2007 wurde ermittelt, dass 30 % von 119 herzgesunden
Maine Coon-Katzen Gentest positiv für den A31P-SNP waren.
Eine gerade erschienene Arbeit der University of Bristol zeigte eine
Prävalenz des A31P bei 193 Maine Coon und des R820W bei 898
Ragdoll-Katzen, die in beiden Katzenrassen bei 30 % lag. Das bedeutet,
dass die Genmutation bei jeder dritten Maine Coon (A31P) oder Ragdoll
(R820W)
vorliegt.
Merke: Das Vorliegen einer Mutation
bei einer Katze bedeutet aber nicht automatisch, dass sie auch an einer
HCM erkranken wird! Schon einige Monate nach Markteinführung des
ersten Gentests und der großen Anfangseuphorie kamen berechtigte
Zweifel an der Voraussagekraft des Gentests auf.
Verhältnis von HCM-Genotyp zu Phänotyp: „Da stimmt etwas nicht.“
Hierfür gibt es zwei Gründe
- Katzen mit homozygotem Test- ergebnis (HCM/HCM) leben!? Dr. Kittleson
hatte einen autosomal dominanten Erbgang mit 100%iger Penetranz
beschrieben. Ein Beweis dafür waren die 33 % tot geborener Kitten,
die er als homozygot vermutete. Insgesamt waren 45 % der Katzen seiner
Population an HCM erkrankt, von denen er annahm, sie seien folglich
genetisch heterozygot. Die Ergebnisse innerhalb dieser Katzenfamilie
waren schlüssig. Nach
Einführung des Gentests gab es plötzlich homozygote HCM-Katzen, die lebten!
Schon diese einfache Tatsache lässt den Rückschluss zu, dass
das Gen bei diesen Katzen keine 100%ige Penetranz oder ausreichende
Expressivität besitzen kann. - Genetisch negative Katzen (N/N)
sind im Ultraschall sichtbar erkrankt! In den vier Jahren sahen wir
regelmäßig
phänotypisch erkrankte Maine Coon- Katzen, die auf beide bekannten
Gene negativ getestet waren. Eine neuere bemerkenswerte Publikation von
Frau Schinner aus dem Jahre 2008 belegt den Zweifel an dem Wert der
HCMGentests für hiesige Katzen.
A31P (Gen I)
Es wurden 83 Maine Coons aus Süddeutschland auf die A31P Mutation
getestet. 21,7 % waren im Test positiv, 78,3 % negativ. 83,3 % der
genetisch positiven waren im Ultraschall aber phänotypisch
negativ. Nur 16,7 % der genetisch positiven Katzen waren im Ultraschall
auch wirklich betroffen. Von den genetisch negativen getesteten Maine
Coon waren 13,9 %
im Ultraschall an HCM erkrankt. Da das Alter der Tiere über 5
Jahre lag, sind die Zahlen sicherlich sehr repräsentativ.
Merke: Nur jede fünfte im Gentest positive Katze war auch herzkrank!
A74T (Gen II)
Hier sind die Zahlen vergleichbar. Die Mutation A74T wurde bei 35,4 %
der 79 Maine Coon nachgewiesen. 78,6 % dieser Katzen wiesen in der
Echountersuchung keine HCM auf.
Andersherum: 76,5 % der an HCM erkrankten Maine Coon-Katzen trugen das
gesunde Allel G/G, was darauf hinweist, dass von weiteren oder anderen
kausalen Mutationen oder zusätzlichen Einflüssen ausgegangen
werden muss.
Merke: Dreiviertel der an HCM erkrankten Katzen waren genetisch unauffällig!
Da der A74T-Polymorphismus (Gen II) des MYBPC3-Gens in dieser Studie
wie auch in anderen Erhebungen genauso häufig bei Maine Coon wie
bei anderen Katzenrassen vorkommt, kann es sich hier nicht um eine
Maine Coon-spezifische Mutation handeln.
Zudem gibt es keine Verstärkung des Erkrankungsgrades, wenn A31P
(Gen I) und A74T (Gen II) bei einem Individuum gleichzeitig auftreten.
Man kann also davon ausgehen, dass es sich bei der HCM um eine
genetisch komplexe Erkrankung handelt.
Herzultraschall
Die Echokardiografie (Herzultraschall) mit ihren verschiedenen
Applikationsmöglichkeiten (Doppler, Tissue-Doppler, Strain und
Strain/rate) ist die beste Methode, eine Hypertrophie der
Herzmuskulatur phänotypisch nachzuweisen. Natürlich gibt es
auch andere kardiologische Verfahren, von denen das Abhören des
Herzens sehr wichtig ist. Das EKG und
die Röntgenuntersuchung sind im Rahmen einer Früherkennung
der HCM eher unbrauchbar. Die Ultraschalluntersuchung ist bei Vorliegen
einer Hypertrophie sehr sensitiv, kann aber bei Katzen ohne Befund die
genetische Belastung und das spätere Auftreten nicht
ausschließen.
Merke: EKG und Röntgenuntersuchung sind für die Früherkennung der HCM eher ungeeignet.
Grundvoraussetzung – neben der Erfahrung
des Untersuchers – sind Schallköpfe mit hoher Auflösung
(7,5-10 MHz) und hoher Bildfrequenz. Die Hypertrophie kann sich als
symmetrische und asymmetrische Verdickung der Herzwände und
Papillarmuskel darstellen.
Fast immer ist nur die linke Herzkammer davon betroffen. Grundlage der
Diagnostik ist die Messung der Wanddicke in Diastole, der Herzphase der
Muskelerschlaffung. Zunächst wird der Herzmuskel im
2-dimensionalen Bild in mehreren Ebenen beurteilt. Dann folgt eine
MMode-Messung der diastolischen Wandstärke in den definierten
Standardebenen. Ist die
Hypertrophie symmetrisch verteilt, lassen sich die
Wandstärkenzunahmen messen und klassifizieren. Grenzwert für
eine normale Wanddicke ist 5,5 mm. Zwischen 5,5 und 6,0 mm sprechen wir
von einem zweifelhaften (equivocal) Befund. Das hat damit zu tun, dass
es in der Literatur zwei verschiedene Empfehlungen für die
Normalwerte der Herzwände bei der
Katze gibt.
Merke: Schwieriger ist es,
asymmetrische (lokale) Hypertrophien der Wände oder Papillarmuskel
außerhalb der Standardebenen zu messen und zu klassifizieren.
Hier ist
insbesondere die Erfahrung des spezialisierten Kardiologen gefragt.
Die Ultraschalluntersuchung des Herzens auf Hypertrophie hat eine sehr
hohe Sensitivität. D.h., wenn wir im Ultraschall eine signifikante
Wandverdickung sehen, dann handelt es sich um eine Hypertrophie. Die
Hypertrophie ist entweder die Folge eines primären genetisch
bedingten Defekts (HCM) oder die sekundäre Reaktion auf
Blutdruckerhöhung und/oder hormonelle Veränderungen. Die
sekundäre Hypertrophie stellt sich fast immer als
konzentrische (auf alle Zellen gleichmäßig nach innen
gerichtet) symmetrische Verdickung aller Zellen dar.
Empfehlungen für die Gesundheitsvorsorge:
Die veterinärmedizinische Genforschung hat
trotz respektabler Erfolge es leider noch nicht geschafft, einen
Gentest zu bieten, der aus züchterischer Sicht von Wert wäre.
Von den Gentesten kann man zurzeit nur die Untersuchung auf die
Genmutation I (A31P) empfehlen und das auch nur bei Maine Coon-Katzen
aus Familien, die mit der Maine Coon-Kolonie von
Dr. Kittleson verwandt sind. Diese Gentests (Gen I und II) bei anderen
Katzenrassen, die vermehrt HCM aufweisen (s.o.) durchzuführen,
macht keinen Sinn. Für Zuchttiere ist die regelmäßige
Ultraschalluntersuchung des Herzens zu empfehlen. Aus juristischen
Gründen
(§11b TschG) sollte damit vor dem ersten Zuchteinsatz begonnen
werden. Danach empfehlen wir eine Wiederholung in 1- bis
2-jährigem Abstand. Die Kontrollabstände hängen vom
jeweiligen Ergebnis ab.
Therapie der HCM:
Es gibt kein Medikament, welches die Tendenz zur Hypertrophie
aufhält. Da Stauungen, insbesondere aber Hyperkoagulabilität
und Thrombenbildung des Blutes nur im Ultraschall zu erkennen sind, ist
diese Untersuchung therapiebegleitend durchzuführen.
Erschienen: Succidia AG- Darmstadt (Hrsg.): hundkatzepferd 03/2010,
Seite 6 - 8.